Erarbeiten wir uns eine grundlegende Espresso-Rezeptur, auf die wir immer zurückgreifen können

 

Den Espresso in unsere in ständiger Weiterentwicklung befindliche sensorische Palette einzugliedern, bedeutet dass wir mit einer ganzen Menge von Variablen jonglieren müssen. Eine solide Wissensgrundlage wird es uns leichter machen, morgens aufzuwachen und uns einen Qualitäts-Espresso zu machen. Wie beim Backen, können wir auch hier eine Rezeptur benutzen, um ein hochwertiges Ergebnis zu erzielen.

Worauf es ankommt, ist eine grundlegende Espresso-Rezeptur zu erstellen, auf die du immer wieder zurückgreifen kannst. Ein Espressorezept besteht aus vier Variablen: Brühverhältnis, Zeit, Temperatur und Druck. Die Linea Micra sorgt für eine konstante Temperatur und einen konstanten Druck. Konzentrieren wir uns also auf die von uns beeinflussbaren Faktoren Brühverhältnis und Extraktionszeit (Brühzeit).

 

 

Allgemein gilt, dass bei eher dunkel gerösteten Espressobohnen ein kleineres Brühverhältnis bessere Ergebnisse liefert, während sich bei heller geröstetem Espresso eher ein größeres Verhältnis empfiehlt.

 

Brühverhältnis

Unter Brühverhältnis verstehen wir den Gewichtsanteil des in einer Tasse Espresso enthaltenen Kaffeepulvers am Gewicht der fertig gebrauten Kaffeeportion. Durch Verändern des Brühverhältnisses können wir den Geschmack des Getränks und das »Mundgefühl«, das es bei uns hervorruft, verändern.

Das Brühverhältnis lässt sich mit einer Küchenwaage problemlos messen. Wir wiegen zunächst das Kaffeepulver, das in einen Brühvorgang eingeht, und danach das flüssige Ergebnis, also den in der Tasse gelandeten Kaffee.

Das Brühverhältnis, für das wir uns entscheiden, beeinflusst das »Mundgefühl« und den Geschmack unseres Espresso. Je kleiner das Brühverhältnis, desto dicker und zähflüssiger wird sich unser Espresso anfühlen. Je größer das Brühverhältnis, desto dünner und “ausgemolkener” wird er sein. Wenn du die Lektion Nr. 4 in dieser Serie noch nicht absolviert hast, empfehlen wir dir, dich dem in dieser Lektion vorgestellten Experiment zu unterziehen; es wird dir helfen, zu verstehen, weshalb das Brühverhältnis ein so wichtiger Parameter ist.

Allgemein gilt, dass dunkel geröstete Bohnen sich besser für ein kleines Brühverhältnis eignen, heller geröstete dagegen eher für ein größeres Brühverhältnis.

In der in Italien gebräuchlichen Espresso-Nomenklatur besteht die folgende Zuordnung zwischen Brühverhältnis und gastronomischer Bezeichnung der Kaffeevariante:

1:1 bis 1:2 Ristretto espresso
1:2 bis 1:3 Normale espresso
1:1 bis 1:4 Lungo espresso.

Es gibt da einen gewissen Deutungsspielraum. Zum Vergleich: Bei einer Tasse Kaffee aus einer herkömmlichen Filterkaffeemaschine liegt das Brühverhältnis bei ca. 1:1,5.

 

Extraktionszeit

Die Extraktionszeit ist die Zeit, in der das Brühwasser in Interaktion mit dem Kaffeepulver tritt. Sie beginnt in der Sekunde, in der das Wasser den gemahlenen Kaffee im Siebträger berührt. In diesem Moment beginnt das Wasser, Salze, Säuren, Zucker und Bitterstoffe – in dieser Reihenfolge – aus dem Kaffeepulver herauszulösen – zu extrahieren. Eventuell sehen wir noch keinen Kaffee aus dem Siebträger laufen, was daran liegt, dass der Kaffee zunächst das Wasser aufnimmt, bevor sich Bestandteile lösen (Extraktion). Zunächst lösen sich die Säuren, zuletzt die Bitterstoffe. Je länger der Espresso extrahiert wird, desto mehr Bitterstoffe werden herausgespült. Eine längere Extraktionszeit führt zu einem Mehr an »Körper« und Komplexität des in der Tasse landenden Getränks, eine kürzere zu einem Weniger an beidem.

Typischerweise schmeckt der Espresso am besten, der sein optimales Brühverhältnis innerhalb von 25-35 Sekunden erreicht.

Wenn wir alles genau wiegen und messen, können wir die Extraktionszeit als Maß für den Mahlgrad unseres Kaffees verwenden. Beispiel: Wenn dein Espresso anfängt, irgendwie anders zu schmecken, oder wenn dir auffällt, dass er zu schnell herausläuft und deine Tasse füllt (in weniger als 20 Sekunden), kannst du versuchen, den Mahlgrad auf »feiner« zu stellen, um deinem Geschmacksideal wieder näher zu kommen.

 

 

Brühtemperatur und Druck

Temperatur: Wir empfehlen, sich für eine Brühtemperatur zu entscheiden und an dieser festzuhalten. Die Geräte von La Marzocco sind fabrikseitig auf 93°C eingestellt – das ist die in der Branche gängige Standardtemperatur. Sie lässt sich modifizieren, etwa wenn eine besondere Rezeptur eine andere Brühtemperatur empfiehlt, aber wir raten, den Temperaturbereich 90-93°C nicht zu verlassen.
Druck: Die Pumpen der La-Marzocco-Geräte arbeiten mit 9 bar als Werkseinstellung. Wenn du mehr über das Thema Druck erfahren willst, mach dich schlau auf unseren Blogs über Vorbrühung und Prä-Infusion sowie über die Reduzierung des Drucks.

 

 

Brühen nach der Espresso-Rezeptur

Wie schaffen wir es, ausnahmslos großartigen Espresso zu brühen? Wir haben für den Barista am heimischen Herd eine Rezeptkarte kreiert, die ihm auf die Sprünge hilft. Das Rezept besteht aus drei Schritten, nach Wichtigkeit geordnet:

Wir empfehlen, mit einer Mischung aus mittelstark gerösteten Bohnen zu beginnen. Die Bohnen sollten eine schöne sattbraune Farbe haben, aber nicht so dunkel sein, dass Öl auf ihrer Oberfläche sichtbar ist. Für eine Bohnenmischung dieses mittleren Röstungsgrades wählen wir ein mittleres Brühverhältnis. Wir benutzen das 17-Gramm-Sieb und füllen 18 Gramm Kaffeepulver hinein. Bei einem Brühverhältnis von 1:2 bedeutet das, dass 25-35 Sekunden nach Extraktionsbeginn 36 Gramm flüssigen Espressos in unsere Tasse fließen.

Hab keine Scheu davor, unterschiedliche Kaffeesorten durchzuprobieren oder mit deutlich veränderten Brühverhältnissen zu experimentieren. Wenn dir ein Espresso gelingt, den du besonders gelungen findest, bleibe erst einmal bei der Sorte und den Einstellungen! Damit verschaffst du dir Zeit, herauszufinden, wie du aus dieser Bohnensorte das Beste an Geschmack herausholen kannst, und du kannst Erfahrungen sammeln, die dir helfen, gute Brüherfolge zu wiederholen.